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Bekenntnis

In diesem langen Artikel (geschrieben vor sieben Jahren - und immer noch vollkommen gültig für mich) möchte ich über mein Verständnis von Menschenfotografie, über meine Art, zu fotografieren erzählen. Für alle, die mich nicht persönlich kennen: Ich bin „mittelalterlich“ und Vater zweier erwachsener Kinder. Was treibt nun einen Mann wie mich in die Glamour/Beauty/Nudes-Fotografie? Glamour/Beauty/Aktfotografie wird immerhin mitunter als verdächtig angesehen und Männer mittleren Alters, die sich dieser Materie widmen, sind es umso mehr. Dessen bin ich mir bewusst. Nicht als Verteidigung (das habe ich nicht notwendig, denn ich bin – neben meiner Familie – vor allem nur einem Menschen gegenüber verantwortlich, und das bin ich selbst), sondern einfach als Erklärung und Ergänzung zu meinen Arbeiten möchte ich erzählen, was mich und meine Arbeiten mit meinen Modellen ausmacht.

 

Foto-affin bin ich schon seit sehr langer Zeit. Meine erste Spiegelreflexkamera erhielt ich als 12-Jähriger – eine analoge Minolta X700 mit einem kleinen Objektivpark (der mir heute noch dann und wann als Retro-Makroobjektivpark dient). In meiner Jugend fotografierte ich beinahe ausschließlich Landschaften. Jene Menschen, die mir vor die Linse zu laufen „drohte“, verscheuchte ich gnadenlos aus meinen Bildern. Ich habe also Analog-Erfahrung und hatte (und habe) im Keller meines Hauses euch eine kleine (nun verstaubte) Dunkelkammer zur Ausbelichtung meiner SW- und Farbfilme.

 

Danach kam eine lange fotografische Pause. Der Neuanfang erfolgte Ende des Jahres 2008 digital – und, das kann ich durchaus sagen, als Therapie. Als Therapie für mich selbst in einer sehr schwierigen Zeit, in der ich als politischer Funktionsträger (zu Unrecht und erfolglos) von einzelnen, politisches Kleingeld münzenden Individuen systematisch und strategisch diffamiert, des Amtsmissbrauches bezichtigt und mit Klage bedroht wurde. Diese Zeit brachte mich an den Rand des Burnouts oder über diesen Rand hinaus und schadete mir nicht nur psychisch, sondern auch physisch. Etwas zu haben, was nur „mir gehörte“ (und das war und ist die Fotografie), tat gut und gab und gibt mir Kraft.

 

Mein erstes Modell war eine liebe ehemalige Arbeitskollegin, die mir ermöglichte, zu versuchen, ob mir die Menschen- bzw. Beautyfotografie überhaupt liegen würde - Jutta - erstes EIKONAS Modell. Sie ist “mitschuld” an EIKONAS. Meine ehemalige Arbeitskollegin, oder lassen Sie mich besser sagen, meine fantastische Freundin und ich gehen bis heute gemeinsame Wege. Ich danke dir sehr! Es ist toll, dass es dich gibt.

 

Aus Hobby erwuchs Leidenschaft, aus Leidenschaft erwuchs Wissbegier und ständiges Lernen und Üben und aus Leidenschaft und Wissbegier erwuchs eine seit einiger Zeit sogar hauptberufliche Neuorientierung, internationaler Aufmerksamkeit, Magazinpublikationen und Prämierungen. Mit Gewinnabsicht fotografiere ich vor allem für Businesskunden. Ich bin vor allem aber ein ewig Lernender, Kritischer, Übender, Fehler Machender, manchmal Unzufriedener und Hadernder mit sich selbst, ich bin am Weg und (zum Glück) niemals fertig.

 

Mein Weg im kreativen fotografischen Bereich führte mich letztlich zu dem, was ich, so glaube ich, am besten kann, worin ich mich am stärksten sehe: In die Beautyfotografie, vor allem mit dem vorhandenen Licht der einzigartigsten Lichtquelle, die uns geschenkt ist – der Sonne. Ich versuche, im Spiel mit Licht und Schatten, im Spiel mit Schärfe und Unschärfe, Schönheit darzustellen – in einer Welt, die ich liebe, die aber nicht immer schön ist. Ich versuche, dieser Welt durch meinen „kleinen Tropfen auf dem heißen Stein“, ein klein wenig Schönheit zu geben, die sie verdient. Ich „bediene“ mich dazu schöner Menschen, das gebe ich gerne zu – dort und da wird mir dies auch angelastet in dem Sinne, dass ich es mir dadurch leicht machen, an der Oberfläche bleiben würde. Alles die mich kennen, wissen allerdings, dass ich eines sicher nicht bin: oberflächlich. (Schönheit ist überdies sehr subjektiv und ich möchte künftig im Rahmen einiger Projekte Schönheit auch sehr viel weiter definiert wissen).

 

Ich fotografiere viele Bereiche der Menschenfotografie. Ich fotografiere Editorial und Lifestyle, am allerliebsten und mit der größten Leidenschaft aber Sensuals, wie ich sie nenne – weibliche Modelle in den Bereichen Lingerie und Fine Art Nudes. Ich bejahe Sinnlichkeit, Körperlichkeit, Erotik in einer Welt, in der uns jahrhundertelang mitgegeben wurde, dass unser (nackter) Körper böse wäre, dass Erotik und Sexualität schlecht seien, in einer Welt, in der das alles heute noch nachklingt in vielerlei Hinsicht. Ich bekenne mich dazu, dass ich Weiblichkeit schön und ästhetisch finde. Und dabei bin ich nicht verantwortungslos, nicht gegenüber meiner Familie und auch sonst niemandem gegenüber. Ich nutze weder meine Modelle aus noch stelle ich sie bloß oder schade in emanzipatorischer Sicht ihrer Weiblichkeit und Gleichberechtigung.

 

Meine Sensuals sind meist ruhig, unaufgeregt und eher sinnlich denn erotisch. Aber ich spiele hin und wieder auch mit Erotik, ich spiele dann und wann auch mit Klischees, ich spiele mit Freude an der Körperlichkeit – ich spiele nicht verantwortungslos und gedankenlos damit, sondern ich vermittle dies immer gemeinsam mit meinen Modellen offen und ehrlich. Manche meiner Bilder mögen vielleicht leichtfüßig erscheinen, klischeehaft und „einfach“, sind aber niemals gedankenlos entstanden. Sie sollen und dürfen auch einmal Leichtigkeit des Seins vermitteln in einer schnellen Zeit, in der uns vieles nicht leicht gemacht wird und in der wir uns auch vieles selbst nicht leicht machen. Und sie sollen vor allem eines niemals sein: respektlos, herabwürdigend oder erniedrigend. Das ist mir sehr wichtig.

 

Neben all dem habe ich im Rahmen meiner Aktfotografie vor allem eines immer wieder erfahren und das ist fantastisch und schön:

 

In der „bekleideten“ Fotografie gilt es oftmals, eine Rolle zu spielen. Bei diesen Rollenspielen „versteckt“ man sich hinter Hüllen aus Stoff, hinter Accessoires, man ist selten „man selbst“, man vermittelt oder verkauft seine Rolle, so realitätsfern und photogeshoppt sie auch sein mag. In meiner Interpretation der Sensual- und Aktfotografie bemühe ich mich oftmals, einen Gegenentwurf zu dieser Rollenwelt zu gestalten. Meine Modelle, die mir ihr Vertrauen schenken, „verstecken“ sich und ihre Persönlichkeit nicht hinter Hüllen. Sie sind unmittelbarer, sie sind einfach nur “selbst”. Sie sind im positiven Sinne zurückgeworfen auf sich selbst – und daraus ergeben sich wunderbare, unmittelbare und sehr „ehrliche“ Momente und kleine Blicke in die Schönheit der „Seele“, wenn ich dieses große Wort für meine Fotografie verwenden darf. Ich sehe das sehr oft in den Augen meiner Modelle. Sie sind einfach ganz und intensiv bei sich in diesen Momenten und das ist faszinierend und schön, das berührt. Und ich möchte mit Bildern berühren. Wenn das dann und wann in diesem äußerst schwierigen Bereich der Menschenfotografie gelingt, nämlich andere zu berühren, dann habe ich gemeinsam mit meinen Modellen mein Ziel erreicht.

 

Ich bin nie auf der Suche nach den Posen, ich bin immer auf der Suche nach Momenten. Solche „Seelenbilder“, die im Idealfall aus dieser Suche entstehen, sind ganz besonders – und das ist letztlich der Grund dafür, dass mich diese Art, Momente im Bild festzuhalten, fasziniert. Seitens der Modelle bedarf es viel Vertrauens, wenn man sich mit mir auf diesen Weg begibt. „Seelenbilder“ gibt es nur, wenn man einander vertrauen kann. Deshalb sieht man bei mir auch sehr oft dieselben Modelle, mit denen ich immer wieder fotografiere. Ich bin kein großer „Modellsammler“. Ich brauche keine nackte Haut, nur um der nackten Haut willen und davon so viel und so „frisch“ wie möglich. Mein Weg soll – und das ist von zentraler Wichtigkeit für mich – respektvoll und wertschätzend sein. Meine Modelle sind, so viel oder wenig sie Kleidung am Körper haben, keine austauschbare (Sexual-)Objekte, derer man sich beliebig bedient, sondern unverwechselbare Subjekte und gleichberechtigte Partner mit all ihren Gefühlen und mit all ihren Emotionen, ihrer Passion, die sie gemeinsam mit der anderen Seite der Kamera in die Bildwerke gelegt haben. Menschen mit Ausstrahlung, Ästhetik, Liebe, Stolz und Schönheit, die auch von innen nach außen strahlt und wirkt.

 

Josephine Baker, eine berühmte Darstellerin und Tänzerin der Zwischenkriegszeit, eine frühe Ikone der Körperlichkeit soll einmal folgenden Ausspruch getätigt haben: „Ich war nicht wirklich nackt. Ich hatte nur keine Kleider an“. Genau so sollen meine Bilder sein, bei aller Bejahung von Sexualität, Sinnlichkeit und Erotik. Meine schützenswerten Modelle sollen sich niemals ausgebeutet, bloßgestellt, dargestellt fühlen – sie sind jedenfalls eingehüllt in Respekt und Wertschätzung, in all ihrer Nacktheit.

 

Der menschliche Akt ist seit jeher eine Gratwanderung zwischen Bewunderung, Verachtung und Missverständnis und es ist tatsächlich so: Weniges “berührt” und “bewegt” seit Jahrtausenden und wohl immer noch in so hohem Maße und so viele, wie Nacktheit und der unverhüllte (weibliche) Körper. Und nirgends ist auch der Grat so schmal und so schwierig zu gehen, wie in Formen der Kunst, die sich jenem Genre widmen – dieser Grat zwischen Schönheit und Ästhetik auf der einen Seite und billiger Zurschaustellung bloßer, seelenloser Haut auf der anderen Seite.

 

Seitens der Zuseherschaft kommt es immer wieder vor, dass meinen Modellen nach Veröffentlichungen mit “guten Ratschlägen” und anderem aufgewartet wird. Formulierungen wie “Verkauf dich nicht unter deinem Wert” oder “Das hast du nicht notwendig”, wie sie meinen Modellen angetragen werden, mögen gut gemeint sein und das anerkenne ich auch. Oft zeugen diese Äußerungen aber auch von Unkenntnis und schlechtestenfalls von zweifelhafter Bigotterie und Doppelmoral. Und sie entwerten nicht zuletzt auch mich als Urheber meiner ernstgemeinten Bilder. Genauso entwerten mich und meine Modelle aber auch jene Zuseher, die sich aus „unreifen“ Gründen nicht sattsehen können an Nacktheit und das auch in eindeutig-zweideutiger Weise formulieren. Auch die Privatsphäre meiner Modelle sollte selbstverständlich tabu sein. Meine Modelle verstehen sich als Teil meiner Bilderwelt, die wir mit euch teilen, aber nicht als leicht erreichbares „Freiwild“ auf dem Markt der sexuellen Bedürfnisse. Beides, Bigotterie und moralisierende Schmallippigkeit auf der einen Seite, aber auch Sexismus und bloße Triebhaftigkeit auf der anderen Seite verfehlen Sinn und Zweck meiner und der Bemühungen meiner Modelle.

 

Ich habe also durchaus hohe Erwartungen an Sie als meine Zuseherschaft und bin stolz, dass ich Sie in hohem Maße als sehr reife und verantwortungsvolle EIKONAS-„Gemeinschaft“ bezeichnen kann. Ich möchte Sie jetzt und in Zukunft bitten, auch in Ihren Kommentaren und Antworten zu den Bildern vor allem eines nie zu vergessen: Respekt und Wertschätzung für meine Modelle, die nicht nur mir, sondern auch Ihnen gegenüber das Vertrauen haben, ihre und unsere Bilderwelt mit Ihnen zu teilen.

 

Wer irritiert ist von „zu viel“ nackter Haut, der möge gnädig wegsehen und mir nicht seine Gunst entziehen. Ich möchte niemandem zu nahetreten, nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. Vielen Dank für Ihr Verständnis, vielen Dank aber auch, dass Sie bis hierher lesend „durchgehalten“ haben. Und nun – immer gut Licht!

 

Ihr Günther Achleitner, EIKONAS Fotografie – Malen mit Licht

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